Geschichtsstunde aus Schottland.
Kaum ein anderes Duo auf der Welt versteht es nahezu perfekt, Landschaften musikalisch einzurahmen wie die beiden Brüder Andrew & Michael Truscott. Mit ihrem Musikprojekt Kinbrae umschreiben die Brüder in akustischer Form Landgebiete oder Naturmerkmale auf ihren Werken. Diese sind meist so voller Ästhetik und zeitlosen Musikaspekten, dass Kinbrae vor allem den Musikbereich des Ambient mehr als nur eine einfache Bereicherung darstellen. Mit dem neuen Album „Birl of Unmap“ schlagen die Zwei ein weiteres Kapitel auf und haben dabei völlig neue Wege im Komponieren für sich beschritten. Mit der Schriftstellerin und Poetin Clare Archibald hat man völlig neue Ansätze verfolgen können.
Wie hier im Land die Selke Brüder von CEEYS, erschaffen Andrew & Michael Truscott Musik mit sehr viel Herz und Seele und poetischen Facetten. Immer mit einer Eigenständigkeit, die oft genreübergreifend agiert. So ist es nicht verwunderlich, dass Sebastian Selke auf dem neuen Album die Arrangements vom Cello beigetragen hat. Mit dem Debüt Tidal Pattern legte Kinbrae 2016 einen festen Grundstein, 2019 schaffte das Werk „Landforms“ hier auf dem Magazin es in die Rubrik ‚Musikalische Referenz Ambient & Klanglandschaften‘ am Ende des Jahres. Wie gewohnt führt uns das neue Album an markante Punkte in den Highlands, dieses Mal beschäftigen sich Kinbrae mit der Geschichte des Königreich Fife, welches zwischen den Meeresarmen Firth of Tay und Firth of Forth liegt. „Birl of Unmap“, erzählt von einem Ort aus verschiedenen Zeiten und Perspektiven - was Land, Kultur und Mensch betrifft.
Leicht lakonisches Klanggerüst, das mit viel Emotionalität aufgewertet wird
Der erste Gesichtspunkt, was "Birl of Unmap" vom Vorgänger deutlich abhebt, das Album ist kein rein instrumentales Werk mehr. Denn mit den Erzählungen oder Sprechgesang unter anderem von Clare Archibald gewinnt das Album sehr deutlich an Charme. Auch die Klangkulisse ist sehr breit gefächert, Radioansagen, Geräusche von Natur und Alltag finden in den Klangstrukturen einen festen Ankerpunkt. Verträumte Klänge aus dem Ambient, verschachtelt mit Facetten aus dem Folk und Teilen der Neoklassik sind die tragenden Säulen von „Birl of Unmap“, gefühlvoll und mit lyrischem Unterton werden Klangblüten mit nostalgischer Aura entfacht. Das Faszinierende, wie bei den Vorgängern, sind die texturierten Klanglandschaften vom Synthesizer, die sich durch das gesamte Werk ziehen. In seinen Minimalismus und der akustischen Ausdrucksweise, die ohne Vorwarnung direkt und schnell in die hinterste Ecke von Herz und Seele eindringt, erreicht das Album eine sehr gefühlsbetonte Dimension. Der Gesamtumfang der Kompositionen reicht auf emotionaler Ebene sehr tief, mit romantischen und melancholischen Spitzen, vor allem, wenn der neoklassische Anteil mit Klavier, Streich- oder Bläser die Strukturen des Klangs erleuchten. Die Grundstimmung ist ein verträumtes, leicht lakonisches Klanggerüst, das mit viel Emotionalität aufgewertet wird. So erlebt man eine akustische Reise durch die Zeit in der Region, man kann förmlich die Wellen der Nordsee sehen und spüren, als würde man direkt am Ufer stehen oder die salzige Seeluft schmecken. Paradebeispiele hat Kinbrae mit Stücken wie „Half Seen Truths of the M90“ oder „Haul into Being“ auf dem Album verewigt. Mit voranschreiten des Albums fühlt man sich wie in einer Zeitmaschine versetzt, „Undersouls“ oder „Carbide Fizz“ eignen sich ideal zum Verweilen und nachdenken. Knapp 40 Minuten lang darf man daher seinen Gefühlen zu der Musik freien Lauf lassen. Harmonie und emotionale Feinfühligkeit sind auf allen acht Songs der ausschlaggebende Aspekt. Teils friedvoll agieren die Klanglandschaften und decken einen sanft wie eine warme Decke ein. Das war auch schon immer die Stärke von Kinbrae, eine Landschaft aus Tönen und Gefühl zu konstruieren, die einen gefangen hält, mit einer magischen Ausstrahlungskraft. Viel gibt es nicht hinzuzufügen, Fans von verträumten, neoklassischen Ambient ist „Birl of Unmap“ nur an das Herz zu legen. Die ausgewogenen Klanglandschaften bieten viel Spielraum für eigene Interpretationen. Als Fazit bleibt zu ziehen, Atmosphäre musikalisch ausdrücken ist nicht immer leicht und es gibt sicher viele Künstler, die sich daran versuchen. Kinbrae zelebrieren diesen Aspekt seit dem Debüt 2016 mit geradezu gespenstischer Perfektion und ist eine klare Empfehlung vom Magazin. Release ist angesetzt am 11. Februar 2022 auf Vinyl und in digitaler Form über Full Spectrum Records. Links zu Kinbrae:
Birl of Unmap - Songliste/Dauer:
5 Comments
andrea meister
11/2/2022 09:25:00
hallo herr schönauer, vielen dank für den schönen artikel, aber bitte wählen sie ein foto zusammen mit clare archibald, oder entfernen dieses gewählte.
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André
11/2/2022 13:21:17
Hätte ich alles längst gemacht, sogar die Truescott Brüder haben mich darum gebeten. PROBLEM - dann mailt mir auch ein BIld von Frau Archibald! Auf ihrer Webseite gibt es nämlich NICHTS!
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andrea meister
11/2/2022 17:55:30
hallo herr schönauer,
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André
11/2/2022 18:14:29
Habe ich aktualisiert das Bild. Many Thanks! :)
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