Der Name Jan-Dirk Platek dürften viele sicher schon einmal gehört haben. Seit vielen Jahren begleitet der deutsche Komponist die Musiklandschaft und selbst große Radiostationen im Ausland, wie KEXP oder die BBC, spielten seine Songs. Doch leider geht mit der neuen Single "Gentle" eine Ära zu Ende. Denn Jan leidet an einer Krankheit. Das Musikmagazin wünscht Jan, dass er kämpfen soll und auch so bleiben, wie man ihn damals kennenlernen durfte. In einem aktuellen Interview erzählt der Musiker, wie es ihm geht.
Jan-Dirk im Februar 2024 (Foto: Flauschi Fu Fu)
Hallo Jan, schön dass du Zeit hast. Es ist ja seit dem letzten Mal einige Zeit her. Wie es Dir geht beantwortet sich ja fast von selbst. Daher die Frage – wie fühlst du Dich? Hallo André, Danke, dass Du mir hier mal wieder Fragen stellst. Ich fühle mich momentan ganz gut. Ich war heute Morgen schon joggen, im Dunkeln. War schön.
Kannst du vielleicht erzählen, an welche Krankheit du leidest und wie sie deinen Alltag nun bestimmt? Na klar, ich mache aus meinen Krankheiten kein Geheimnis. Ich leide seit 1997 an einer psychischen Störung (Schizo-Affektive Störung), die aber mit einem Medikament gut zu behandeln ist. Im Jahr 2020 bekam ich dann die Diagnose Multiple Sklerose. Hier gehen die Ärzte aber davon aus, dass ich die Krankheit schon deutlich länger habe. Sowas kann man an den zahlreichen Vernarbungen im Gehirn sehen. Wenn ich Leuten sage, ich habe MS, kommt sehr häufig „Oh nein, Muskelschwund?“. Beide Krankheiten haben zum Glück nichts miteinander zu tun. MS ist eine chronische Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Ich habe wegen beiden Krankheiten inzwischen einen Schwerbehindertenausweis. Beide Krankheiten sind zwar gut behandelbar, aber nicht heilbar. Meinen Alltag bestimmen die Krankheiten eigentlich permanent, aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Die MS hat bei mir zu kognitiven Einschränkungen geführt. Das merke ich ständig.
Wie wichtig ist in dieser Zeit Familie? Ich lebe inzwischen in Scheidung und bin von meiner Familie getrennt. Meine Tochter ist mein größter Stolz, sie sehe ich regelmäßig. Ich habe zum Glück eine neue Beziehung mit einer wundervollen Frau und die Zeit mit ihr ist unglaublich kostbar und schön. Wir leben das Prinzip der Patchworkfamilie und ich genieße das sehr. Meine neue Partnerin unterstützt mich in allen Belangen und sie akzeptiert mich so, wie ich bin. Auch mit einem kranken Partner. Du glaubst gar nicht, wie sehr man als psychisch kranke Person in einem Kaff wie Velbert stigmatisiert wird. Es gibt einige Zeitgenossen, die lieber über mich, als mit mir sprechen. Klingt komisch, ist aber so.
Apropos – wie wichtig ist nun Allgemein Musik für Dich? Zum Ablenken oder Entspannen? Musik ist sehr wichtig für mich. Ich höre praktisch ständig Musik. Von Moderner Klassik über Rock und Pop zu elektronischer Musik - Ich lasse eigentlich alles in meine Ohren. Das Leben ist zu kurz, um nur ein Genre zu hören. Ich höre Musik beim Busfahren, Joggen und natürlich Zuhause. Still ist es bei mir sehr selten. Ich nutze die Musik sowohl zur Ablenkung, beispielsweise beim Joggen, als auch zur Entspannung.
"Music - is love"
Die Single Gentle erschien am 16. Februar 2024.
Du hast angekündigt, „Gentle“ wird deine letzte Musik sein. Wie schwer fällt einem Musiker wie Dir, diesen Schritt? „Gentle“ wird das letzte Stück sein, das ich unter meinem Namen veröffentliche. Jan-Dirk Platek stand stets für Modern Classical und Ambient Musik. Ich glaube, dass ich hier musikalisch alles gesagt habe. Ich werde immer Musik machen, aber halt nicht mehr unter meinem Namen. Es fällt mir nicht schwer, dieses Kapitel zu schließen. Meine Musik wurde weltweit gehört und das macht mich stolz. Als ich hörte, dass das BBC Radio und KEXP meine Musik spielen, war ich unglaublich glücklich. Meine doch sehr melancholische Musik hat dadurch viele neue Hörer erreicht. Ich bin einfach nur dankbar. Musik war immer meine Art zu kommunizieren. Und es gibt einige Menschen, die meine Sprache verstanden haben. Das ist für mich erfüllend.
Wenn du zurückblickst, auf diese ganze Zeit – welcher positiver Moment behältst du ewig in Erinnerung? Ganz klar: Als Stephen McCauley im BBC Radio meine Musik ankündigte. Er beschrieb eigentlich nur, wie er meine Musik empfand und er traf mich mit seinen Worten. Es war exakt das, was ich hören wollte. Es klang wie eine Lobeshymne. Das macht mich heute noch stolz und es zeigte mir damals: „Jan, Du machst gute Musik“. Diesen Moment werde ich nie vergessen.
Die Frage muss erlaubt sein. Vice Versa, gab es einen Augenblick, den du lieber vergessen möchtest? Nein, eigentlich nicht. Es hat alles Sinn ergeben. Selbst eine E-Mail in dem mich eine Person bat, umgehend mit We Deserve This aufzuhören („Please stop making music!“) fand ich super. Meine zahlreichen Releases hatten den armen Kerl so getriggered. Ich fand‘s lustig. Eine Person hört meine Musik und hasst diese. Ich dachte damals einfach nur: „Ich liebe es, mit Tönen Emotionen auszulösen.“
Deine Single „Gentle“ ist wie der Name verrät – ruhig, verträumt und mit Melancholie behaftet. Erzählt sie ein Fragment von deinem Herzen? „Gentle“ bedeutet „Sanft“, und ich wollte, dass der Song sanft klingt. Ich bin auch eine eher sanftmütige Person. Du hast also recht, es könnte ein Fragment von meinem Herzen sein.
Was mich interessiert, das Cover Art zeigt einen Astronauten, der in den Sternenhimmel und zum Mond blickt. Welche Gedanken stecken dahinter? Der Astronaut scheint auf einer verlassenen Raumstation zu sein und von dort alleine auf den Mond zu blicken. Ich wollte mit diesem Cover ein Gefühl der Einsamkeit vermitteln. Ich muss sagen, dass ich Momente der Einsamkeit irgendwie genieße. Alleine sein, ist glaube ich ein wichtiges Gefühl. Nur wer alleine sein kann, kann auch die Zeit mit anderen genießen. Ich glaube, dass der Astronaut auf dem Cover seine Einsamkeit mit diesem beeindruckenden Ausblick genießt. Er erlebt praktisch einen wunderschönen Moment in Einsamkeit.
Seit dem letzten Gespräch von 2019, gibt es doch sicherlich Musiker oder Bands, die dich inspiriert und beeinflusst haben. Welche hast du entdeckt und in Dein Herz geschlossen? Ich höre in letzter Zeit viel elektronische Musik, und da gibt es einige Künstler wie zum Beispiel „Parra For Cuva“ oder „Adam Ford“ die ich wirklich in mein Herz geschlossen habe. Das tolle ist, dass das Musik machen inzwischen für jedermann möglich ist. Durch die heutige Technik kannst du an jedem Ort der Welt Musik machen und brauchst nicht unbedingt ein professionelles Tonstudio. Es ist wirklich eine tolle Zeit, in der wir leben. Und es gibt so viele unglaublich kreative Künstler. Ich bin auch sehr auf das neue Album von Marie Awadis gespannt. Sie ist eine Begnadete Pianistin und schafft es, mit ihrer Musik Emotionen in mir auszulösen.
Hast du einen Rat für Kollegen, die womöglich ein gleiches Schicksal ereilen könnten? Nein, ich bin wirklich nicht gut, jemandem Ratschläge zu geben. Sorry.
Bevor ich dir die letzten Worte überlasse, ich denke du weißt, dass deine Community fest hinter Dir steht. Du hast Sie lange aufgebaut. Deine Worte an diese: Ich möchte allen Menschen danken, die in den letzten Jahren meine Musik gehört haben. Ihr habt tatsächlich Zeit Eures Lebens geopfert, um meine Musik anzuhören. Das macht mich einfach unglaublich stolz und glücklich. Es gibt sogar Menschen, die haben besondere Situationen mit meiner Musik in den Ohren erlebt. Ich bin froh, dass ich mit meiner Musik der Soundtrack in Eurem Leben sein durfte. Danke.
Danke Jan, bleib wie du bist und kämpfe. Allgemein, das letzte Wort hat immer hier auf dem Musikmagazin der Musiker: Music is love.