Für viele Newcomerband steht die Frage oft im Raum, wie kann man den Bekanntheitsgrad nach oben schrauben. Sicher sind Liveauftritte immer eine gute Wahl. Auch die Präsenz in den sozialen Netzwerken ist in der heutigen Zeit ein nicht zu vernachlässigter Aspekt. Reichweite ist in unserer digitalen Welt fast schon eine Währung geworden und ein wesentlicher Bestandteil für den Radius an Bekanntheit für neue Künstler. Doch es gibt weitere Möglichkeiten, mehr Menschen zu erreichen mit oder ohne Facebook und Co. Wir zeigen ein paar Beispiele und geben Tipps, die vielleicht dem einen oder anderen helfen könnten.
Kostenlose Streaming-Angebote nutzen.
Musikstreaming wird mehr und mehr zunehmen.
Eine gute Möglichkeit ist das Integrieren der eigenen Musik auf kostenlosen Streamingplattformen. Diese werden immer mehr in den Vordergrund rücken, auch für Musiker stellen diese Plattformen ein gewaltiges Sprungbrett dar. Auch die Cloudtechnik wird immer populärer. Im Vergleich mit anderen Anbietern sticht Google Play Music da hervor: Hier bekommen man kostenlosen Speicherplatz für 20.000 Musiktitel.
Man kann sich überlegen, ob man einzelne Songs anbietet oder das komplette Album. Trotz stetig steigender Zahlen und der Zahlungsbereitschaft der Nutzer mussten zuletzt dennoch mehrere Anbieter aufgeben, was der Usability auch geschuldet ist.
Sicher besitzen Spotify & Deezer eine Reichweite von Millionen User, doch sollte beachtet werden, dass man zum Anhören entweder registriert oder ein Abo abgeschlossen haben muss. Ganz umsonst gibt es zwar die Musik von Deezer und Spotify, allerdings sind die Free-Varianten durch Werbung stark eingeschränkt, zudem fehlen hierbei die freie Musikauswahl und die Offlineoption.
Dann doch lieber erst einmal auf Independent setzen wie zum Beispiel:
Bandcamp ist ein Online-Musikdienst und eine Plattform zur Promotion, die sich insbesondere an unabhängige Künstler richtet. Künstler bei Bandcamp besitzen eine veränderbare Microsite mit den Alben, die sie hochladen. Alle Titel können kostenfrei auf der Internetseite abgespielt werden. Künstler können festlegen, ob Musikdownloads kostenlos oder kostenpflichtig möglich oder an die Angabe einer E-Mail-Adresse gekoppelt sind. Bandcamp nimmt einen Anteil von 15 % an den Verkäufen auf der Website. Die Teilnahme bei Bandcamp ist kostenlos. Außerdem sind Musiktitel durch Tags gekennzeichnet, es gibt Rubriken, die ein Finden vereinfachen (Neu oder Meistverkauft)
Noisetrade: Seit seiner Gründung hat es ständig neue Funktionen hinzugefügt, von denen viele auf anderen Musik-Streaming und Download-Websites weit verbreitet sind. Neben Hörbüchern gibt es natürlich Musik zu entdecken, die in Genres gegliedert sind. Künstler laden Musik mit ihrem kostenlosen Account hoch, der anschließend von den Nutzern gratis herunterladen kann. Lediglich E-Mail-Adresse und Postleitzahl sind anzugeben. Als Anerkennung kann man dem Musiker oder der Band eine Spende einreichen, 20% gehen davon an die Plattform. Der Noisetrade-Effekt, so will ich ihn mal umschreiben, sollte nicht unterschätzt werden. Musiker und Gründer Derek Webb bot sein Album auf seiner Webseite gratis an, was zu 80.000 Downloads führte. Danach nutzte er die Mailadressen um die Fans mitzuteilen, dass neues Material erhältlich war. Musik im Austausch für den Standort und Kontaktinformationen ist die Philosophie hinter der Plattform, denn Webb’s Meinung sind diese manchmal wertvoller als Geld von Verkauf digitalen Alben.
Soundcloud: Mittlerweile gilt SoundCloud als ein wichtiger Knotenpunkt für den musikalischen Austausch im Netz. Erst im Juni 2016 investierte Twitter 70 Millionen USD in das Unternehmen. Mit SoundCloud können Musiker ihre Stücke zum Herunterladen anbieten und in Websites einbetten. Die Audiodateien werden bei SoundCloud grafisch in Waveform angezeigt. Auf einer Kommentarleiste können Nutzer ihre eigenen Tracks oder die anderer Nutzer kommentieren. Es besteht die Möglichkeit, neue Tracks automatisch per Twitter zu bewerben, um die Reichweite zu erhöhen.
Musicbed: Diese Plattform ist der ideale Weg, ein wenig Profit und Reichweite zu bekommen. Musicbed ist ein Full-Service-Musik-Lizenzierung Plattform, die eine hoch kuratierte Auswahl an Songs nicht nur für Filmemacher für den Einsatz in Medien-Projekten bietet. Musicbed bietet aber auch die Möglichkeit, unlizensierte Musik hochzuladen, dank weitreichender Filtereinstellung und breitgefächerte Auswahl an Genres finden immer mehr Künstler ihren Weg auf diese Plattform. Aktuell sind über 650 Künstler und Komponisten hier vertreten.
Früher war last.fm ebenfalls eine ausgezeichnete Plattform für einen Streamingdienst. Ab 2014 wurde dieser jedoch eingestellt und Musikstücke über spotify verlinkt. Ob es sich lohnt, dort eine Musikseite anzulegen, muss jeder für sich entscheiden.
Presse: Online-Magazine, Blogs und Medienseiten anschreiben.
Der beste Weg ist und bleibt der Gang zur Presse, sei es digital oder als Print. Zugegeben, Newcomer werden für große Magazine, seien sie noch so beeindruckend, kaum relevant sein. Zu unbekannt, aber ein Versuch ist es wert, denn einige haben Rubriken für den Untergrund reserviert. Unterschätzen sollten allerdings nicht Musikblogs oder Onlinemagazine. Diese sind meist sehr gut vernetzt und haben oft beachtliche Zugriffszahlen. Da man immer selbst bestrebt ist, die Auflage, oder Zugriffszahlen zu steigern, bestehen gute Möglichkeiten, dass diese Medien Eure Musik auf ihre Seiten aufnehmen. Das hängt jedoch auch vom jeweiligen Redakteur ab, auch Faktoren wie Zeit oder Relevanz spielen eine Rolle.
Generell kann man aber sagen, gute Musik findet immer seine Abnehmer. Ein Tipp noch: Das Anlegen einer Pressemappe mit Songs, Biografie und Pressebildern lässt Euch seriös wirken und zeigt, dass ihr es ernst meint. Andererseits erspart ihr dem Redakteur die Recherche ein wenig, einige Kollegen fassen die Musik nicht an, wenn sie null Informationen über Euch im Web finden. Viele machen einen guten Job, aber es gibt auch schwarze Schafe wie überall, die nicht die Band oder die Musik, sondern ein komplettes Genre verteufeln und daher auch Rezensionen mit negativer Kritik verfassen. Macht Euch vorher einen Überblick über die Qualität der Seite und überlegt, ob Ihr Wert auf ein Rankingsystem der Musik legt oder nicht. Beachtet: Jeder hat einen anderen Geschmack und eine andere Empfindung gegenüber der Musik.
Behaltet auch im Auge, dass zwischen Medien und Musikern eine Art Symbiose besteht. Sie Schreiben über die Musik und machen Euch besten Falls bekannter. Weiter kündigen diese Liveauftritte an, verbreiten Neuigkeiten oder empfehlen Euch weiter bei PR Agenturen oder Labels. Als Gegenleistung bekommen diese die Musik vorab gratis oder besuchen die Konzerte, im Idealfall mit Pre- und Review, inklusive professionelle Fotoarbeiten. Mehr Werbung geht da nicht. Das Pflegen der Kontakte mit dem Magazin ist daher essenziell. Musik ohne die Medien würde nicht funktionieren und umgekehrt.
Internetradios oder Podcasts sind ebenso ideal, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein anschreiben mit Link zur Musik bzw. als Downloadangebot kann nicht schaden. Die Moderatoren werden entscheiden, ob sie zur Sendung passen. Mit Zuhörern zwischen 500-1000 werden sich sicher ein paar für Eure Musik interessieren. Oft verlinken die Radiosendungen ihre Playlist auf ihren Webseiten, falls man den Namen nicht verstanden haben sollte oder ihn vergisst.
Ein wenig Geld investieren in Werbung.
Als gelernter Redakteur und SEO-Manager kann ich sagen, mit nur 5 Euro kann man beispielsweise auf Facebook sehr viel erreichen mit einer bezahlten Kampagne. Facebook bietet die einzigartige Möglichkeit, die Zielgruppe genau zu definieren. Alter, Geschlecht, Herkunft, Region, musikalische Vorlieben usw. können genau festgelegt werden. Warum man sich nicht auf seine Fanbasis verlassen kann ist leicht erklärt: Facebook zeigt die Beiträge nämlich nicht an alle Follower. In der Regel werden Beiträge weniger als 10% angezeigt, wenn sie nicht die Seite auch abonniert haben. Bei kleineren Seiten (uter ca. 5k Follower) ist der Prozentsatz zwar höher, aber weiterhin nicht besonders attraktiv.
Ich empfehle, bei einem Albumrelease, für ein bis zwei Tage diese mit wenig Geld in der Kampagne zu bewerben. Es reichen pro 1000 Impressions meist ein bis drei Euro täglich. Umso mehr Interaktionen mit Beiträgen stattfinden umso höher ist die Chance, dass Facebook künftige Beiträge öfter anzeigt. Ohne, dass dafür später gezahlen werden muss. Außerdem bietet Facebook die Möglichkeit, genau zu analysieren, wie, wann, wo der Beitrag eingeblendet wurde. Man hat jederzeit die volle Kontrolle und das sollte man nutzen.
Die eigene Homepage als Marketingplatz.
Viele Künstler oder Bands finden den Internetauftritt als sekundär. Das ist ein Fehler, sagt er doch viel über den Menschen auch aus. Mit 2-3 Menüpunkten und 500 Zeilen Text ist es nicht getan. Denn: Die Webseite sollte ein guter Anlaufpunkt für Fans sein. Häufige Updates, aktuelle Neuigkeiten, Musikangebote, Give-Aways und Umfragen sind gute Möglichkeiten, um eine Webseite für Fans attraktiv zu machen. Selbstverständlich kann auch ein Onlineshop eingebunden werden, um Merchandise Artikel anzubieten. Man muss die Seite nicht zwingend SEO-Optimieren, schadet aber nicht, wenn man einige Seiten (Landingpages) mit Suchbegriffen rund um das Genre aufzieht. Jemand der nach beispielsweise Folk-Rock sucht, kann auf der Seite landen, und vielleicht als neuer Fan gewonnen werden.
Für Musik bezahlen oder gratis? -Der Benjamin-Franklin-Effekt
66% haben noch nie digital Musik gekauft, gratis herunterladen dafür schon
Sicherlich will man für seine Mühen entschädigt werden oder die Kosten für Proberaum, Studio usw. reinholen. Für eine erste EP oder Single empfiehlt sich das jedoch nicht. Es ist stattdessen sinnvoller im Sinne eines guten Musikmarketing, wenn Bands ihre Musik einfach gleich kostenlos zur Verfügung stellen auf der Webseite oder den oben genannten Streaming-Plattformen. Je mehr Menschen eine Band erreicht, desto bekannter wird sie und desto wahrscheinlicher, dass sie von ihrer Musik später auch Leben kann. Außerdem, das Anregen von Verbreiten der Musik hat durchaus Vorteile: Wenn jemand Musik weitergibt, dann doch nur, weil er sie als gut befunden hat und diese weiterempfehlen möchte.
Da steckt auch ein wenig Psychologie dahinter. Angenommen das erste Werk wird mit 10 Euro angeboten. Die Musik ist gut, keine Frage, doch nicht wenige haben im Kopf die Hemmschwelle, dafür auch erst mal Geld auszugeben. Von möglichen 10 Besuchern kaufen 2 das Album. Wäre es gratis, würden sicher alle 10 es herunterladen. Mit nachhaltigen Effekt: Es entsteht im Unterbewusstsein eine Art Dankbarkeit den Künstler gegenüber. Nachfolgende Werke werden mit Sicherheit dann öfters gekauft, denn der Fan fand das Debüt gut und vertraut der Musik und ist nun bereit, etwas aus Dankbarkeit zurückzugeben.
Man kann auch die Fans bitten, Euch einen Gefallen zu tun. Bestes Beispiel wäre: "Besucht bitte meine Seite, hört euch bitte den neuen Song an oder teilt meine Inhalte." Das nennt man Benjamin-Franklin-Effekt. "Wenn dir jemand einen Gefallen tut, wird er dir höchstwahrscheinlich noch einen weiteren Gefallen tun." Diese im Unterbewußtsein verankerten Gedanken werden immer dann aufgerufen, wenn der Fan mit der Musik vom Künstler zu tun hat in der Hoffnung, später weitere Vergünstigungen zu bekommen. Die psychologische Wirkung, wonach uns der Hilfeempfänger sympathischer wird, sobald wir ihm einen Gefallen tun, wurde längst auch wissenschaftlich bestätigt.
Ein Klassiker – Samplealben oder Remixe
Man kannst befreundete Musiker fragen, ob nicht Remixe für deren Songs anfertigen können. Die anderen Künstler hätten damit neues Material, das sie an ihre Fans vermarkten können und man bekommst einen Anteil an den Verkäufen oder einen fixen Betrag. Viele Künstler im Bereich des Ambient verfahren schon so. Natürlich geht das auch anders herum. Auch eine gute Möglichkeit ist das Beisteuern eines Songs zu einer Kompilation oder Sample CD zu einem gewissen Thema. Viele Künstler sind oft auf diese Gratiswerke vertreten und repräsentieren sich im jeweiligen Genre. So erreicht man sicher Tausende an Hörern.
Schlusswort
Ich hoffe, ich konnte ein paar Denkanstöße mit diesem kleinen Leitfaden geben. Wichtig ist, Ziele zu definieren und beachten: Wann immer eine Entscheidung zu fällen ist, denke an die Fans. Sie sollten der maßgebende Faktor von Entscheidungen sein. Und wenn keiner "Danke" sagt – sei der Erste. Finde einen Weg, dich bei Deinen Fans und Unterstützer für ihre Treue und ihr Vertrauen zu bedanken.