Am Ufer des Flusses.
Am Freitag kommt das neue Album „Landforms“ von Kinbrae, über die ich ein paar Worte schreiben möchte. Denn die Erfolgsgeschichte der beiden Brüder aus Schottland hat schon 2016 mit dem Debütalbum Tidal Patterns sehr beeindruckt. Zitat: „Es fällt schwer, loszulassen und wieder einzutauchen in die reale Welt mit diesem Album.“ Das hat sich mit dem zweiten Album ebenso nicht geändert, auch wenn die Klanglandschaften neue Facetten hinzubekommen haben, was logisch ist bei erweiterten Musikverständnis. Wie bereits auf dem Vorgänger umschreiben die Brüder in akustischer Form Landgebiete oder Naturmerkmale auf dem neuen Werk.
Kinbrae ist das Projekt der beiden Brüder Andrew & Michael Truscott, zu Hause im Genre des Ambient mit neoklassischen Facetten sind. Tidal Patterns“ war im Prinzip ein akustisches Porträt der Coll Insel am Golfstrom mit all seiner Vielschichtigkeit und Minimalität. Landform beschäftigt sich mit dem größten Strom in Schottland, den Tay. Der Tay ist mit 193 km der längste Fluss Schottlands. Er entspringt an den Hängen des Ben Lui und mündet erst in den Firth of Tay und schließlich in die Nordsee. Das neue Album erforscht den Fluss, seine umgebende Landschaft und die Auswirkungen, die an den Ufern so entstehen.
Neue Wege und neue Form der Instrumentalisierung
Der erste Punkt, der beim Hören auffällt, ist die Zugrückschraubung der Neoklassik im Bezug zum Vorgänger. Das ist kein negativer Aspekt im Allgemeinen Sinn, dafür hält das Album neue dynamische und strukturierte Ankerpunkte bereit. Breite Texturen, die im Prinzip den Musikbereich des Ambient und darüber hinaus eine Art Essenz sammeln, um dann ein homogenes Gesamtbild zu formen, welches eingängig und auch melodisch in den Klangstrukturen vibriert. Man merkt, dass die Brüder neue Wege für sich entdeckt haben und neue Form der Instrumentalisierung. Über texturierte Synth-Passagen, leichte Elemente aus dem Drone bis hin zu einer neuen, experimentellen Ebene. Dabei verlassen die Beiden nie ihr gestelltes Konzept, wie ein Fluss eben den Naturgewalten ausgesetzt ist, so verweben Kinbrae in ihrer Musik die ruhigen und rauen Gegebenheiten auf eine bemerkenswerte Weise. Selbst die Jahreszeiten und deren Einfluss bringen Kinbrae auf den Punkt in fast schon cineastischen Klanglandschaften. Der elektronische Anteil ist zwar exorbitant, aber auch charismatisch. Sanfte und Fragile Melancholie, wechselt sich mit stimmigen und durchdringenden Stücken ab. Schließt man die Augen, so kann man förmlich die Wärme und Kälte vom Uferrand spüren. Die Sonnenstrahlen, wenn Schmetterlinge ihren kindlichen Tanz aufführen oder die sternenklare Nacht, die sich im Flussbett widerspiegelt. Ja, Kinbrae haben dafür eine Ader, Gesichtspunkte 1 zu 1 in Akustik zu verwandeln, mit dieser typischen Art von Magie. Einige der neuen Stücke auf dem Album kommen den Wort „zeitlos“ recht nahe. Ohne Untertreibung. Man kann Landforms empfehlen, ein würdiger Nachfolger vom Debüt
In sein Herz schließen muss man einfach, denn es nimmt einen bei der Hand mit seiner Ästhetik, Stücke wie „Wave Propagation“ und „The Bridge At Night“. Ruhige und intime Klangstrukturen, darauf abzielend, dass man sich in sie verliebt. Das ist pure Kunst, eine Erfahrung, die jeder Freund im Ambient dringend machen sollte. Meditative Hörkunst auf einem hohen Niveau. Auch überzeugen kann „Tatha“ oder der Opener „Movement of Light“, der durchaus nostalgische Züge an sich trägt. Da es sich als ein Konzeptalbum handelt, kann man nicht so recht einzelne Stücke hervorheben. Man muss es auch nicht, die Einheit auf dem Album spricht für sich. Wasser ist das ursprüngliche Thema, oft auch passend in den Rahmen gesetzt mit den elektronischen Gegebenheiten. Das beherrschen die Brüder wirklich auf eine beeindruckende Weise. Man kann Landforms durchaus empfehlen, ein würdiger Nachfolger vom Debüt vor drei Jahren. Allerdings, drei Jahre sind eine lange Zeit, zu Reifen, Erfahrungen zu sammeln und diese in akustischer Form ohne Fragmente auf ein neues Album zu projektieren. Kinbrae werden diese Station nutzen, um weiter am Verständnis für Musik zu feilen und zu erweitern. Denn die Reise der Brüder ist lange nicht zu Ende. Auf unserer schönen und kleinen Welt gibt es Orte und Landschaften, die unbedingt von den Zwei porträtiert werden müssen. Dass sie es nahezu perfekt umsetzen, ist das Fazit. Veröffentlicht wird das Album am 19. april 2019 über Truant Recordings. Links zu Kinbrae:
Landform Songliste & Dauer:
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