Klangformationen im neoklassischen Ambient.
Es gibt so Musik, an der ist eine gewisse Magie behaftet. Sie umhüllt einen langsam, zieht den Hörer in seinen Bann, mit eingängigen Melodien und ästhetischer Faszination, um an weit entfernte Orte und Dimensionen zu führen. Eine Skandinavierin, die mit Herz und Seele die nordische Melancholie auslebt, das bewies Julia Gjertsen aus Oslo mit dem Album „Fragile“ von 2019. In diesem Monat steht das Nachfolgewerk mit dem Titel „Formations“ an, was akustisch nahtlos anknüpft am eigenen Stil vom Vorgänger. Zwischen Romantik und Melancholie, in den Dimensionen von akustischer Ästhetik und Poesie ist die Musik der Norwegerin gesiedelt.
Leser werden sicher schon über den Namen Julia Gjertsen gestolpert sein. Julia wurde in Russland geboren, wuchs aber im nördlichen Teil Norwegens auf. Schon früh fand sie Wege, sich durch Musik auszudrücken, stark inspiriert von der arktischen Natur und ausgelöst durch besondere Lebensereignisse. Nach ihrem Umzug nach Oslo setzte sie ihr Studium in Musik und Sounddesign fort und komponierte Musik für zeitgenössische Tänzer und andere Auftragsproduktionen. Mit dem Album „Fragile“ reihte man sich ein in einem Roster aus sehr expressionistischen Künstlern unter dem Dach von Moderna Records. 2020 entstand mit der Zusammenarbeit von Nico Rosenberg das Album „Distant Fields“. Das Werk war eine Interpretation der modernen Klassik, fügte allerdings einen sehr neuzeitlichen Unterton der Akustik hinzu.
Sphärische Texturen mit neoklassischer Expression
Mit „Formations“ setzt Julia Gjertsen erneut ein Kapitel in ihrer musikalischen Biografie. Denn Klang und Gefühle zu einem homogenen Teppich zu verweben, gelingt der Komponistin hier perfekt. Sehr harmonisch fügen sich das Klavier und sphärische Klanglandschaften der Elektronik in einem akustischen Rahmen zusammen, sehr vielschichtig und dynamisch in den Klangstrukturen artikuliert. Die Kompositionen strahlen eine warmen und charmante Aura aus, als würden die ersten Frühlingsstrahlen der Sonne den kalten Winter vergessen machen. Die somit aufgestellten Klangfarben versprechen akustische Landschaften intensiver Harmonie, melodisch und anmutig aufgestellt. Vor allem in die Arrangements am Klavier wird man sich sofort verlieben, dabei tangiert das Album gerne auch mal andere Musikbereiche mit retroreflektiven Augenblicken. Mal fragil zart, mal mit einer impulsiven Note, besticht das Album in allen Punkten, was heute moderne Klassik auszeichnet. Klangsphären voller Gefühl und Sehnsucht und treiben auf einem endlosen Ozean von klassischen Noten in Moll und Dur. Auf dem Album „Formationen“ geht es darum, wie Dinge Form annehmen, musikalisch und in unserem Leben. Wie sich alles in unserem Leben formt und entwickelt. Hinzu kommt Rowan Hamwood, der mit seiner Flöte die Stücke „Sakte“ oder „All Within“ die Essenz aus romantisierender Melancholie zieht. In Zusammenspiel mit dem Klavier werden zeitlose Musikstücke dem Hörer sehr tief in das eigene Herz gestoßen. Insgesamt finden 10 Stücke ihren Platz auf „Formations“, jeder Song hat seine eigene Botschaft und sein eigenes Thema, welches er dem Hörer mitteilen möchte. Das beschwingte „Cause and Effect“ mit getriebenen Beateinlagen formt ein sehr modernes Bild der klassischen Musik, während beispielsweise Stücke wie „Entrance“ oder „Washed Away“ die skandinavische Melancholie mit jeder Atemzug ausleben. Eine Verschmelzung dieser dynamischen Aspekte kann man sehr gut im Stück „Out of Square“ heraushören. Sehr dynamisch werden sphärische Texturen mit neoklassischer Expression verschachtelt, welche die eigene Gefühlswelt anregen. Das gilt für die anderen Stücke ebenso, denn das gesamte Album hat sehr viel Seele im Gepäck. „Formations“ von Julia Gjertsen ist ein Album geworden, das ästhetisch und mit einem Hauch an Nostalgie angesiedelt ist zwischen Neoklassik und dem Ambient, wie man es von der Komponistin schätzt und liebt. Immer mit der typischen, skandinavischen Melancholie verwoben, ist es der ideale Begleiter für ruhige Stunden der Entspannung und des Vergessens. Ein wenig gedulden muss man sich trotzdem, das Album erscheint am 28. Januar 2022 über Moderna Records. Links zu Julia Gjertsen:
Formations - Songliste/Dauer:
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