Klangvolle Geschichtsstunde.
Beginnen wir das musikalische Jahr mit einem wahren Ausnahmekünstler. 2018 erschien das Debütalbum Walden von Jochen Tiberius Koch auf der Bildfläche und eroberte schnell die Herzen der Liebhaber der klassischen Musik in der modernen Zeit. Dank philosophischer Auseinandersetzung von Musik und Natur, angelehnt vom amerikanischen Schriftsteller Henry David Thoreau. Mitte Januar erscheint nun der Nachfolger mit dem Titel „Astoria“ und verfolgt wie der Vorgänger einem konzeptionellen Ansatz. Das faszinierende am neuen Werk ist der Facettenreichtum im akustischen Spektrum, denn das ist exorbitant ausgefallen. Akustische Geschichte eines Hotels
Jochen Tiberius Koch ist ein deutscher Komponist aus Leipzig, in einem Interview vor knapp 2 Jahren hat sich der sympathische Mensch etwas näher schon vorgestellt. Zitat: „Ein recht bedächtiger, lebender Mensch der vielen irrelevanten Erzeugnissen hiesiger Zeiten kritisch gegenübersteht und ablehnt. Melancholie sowie abstrakter Humor stecken in ein und derselben Brust.“ Mit Walden hat der Künstler eine wahre Perle hinterlassen, die Ende 2018 in vielen Jahresrückblicken noch einmal gewürdigt wurde. Wie auch auf dieser Seite. Astoria kann sicher am Erfolg anknüpfen, wird allerdings aufgrund der breiten Palette an tangierenden Musikgenres es etwas schwerer haben. Dabei ist wie auf dem Debüt „Walden“ ein spannendes Thema der akustische Dreh und Angelpunkt. Es handelt um das berühmte Hotel Astoria, welches am 5. Dezember 1915 in Leipzig eröffnet und bis zum 30. Dezember 1996 betrieben wurde. Die Geschichte vom Hotel Astoria behandelt Jochen Tiberius Koch auf seinem neuen Album, die Anfänge, während des Krieges und in den Hochzeiten in der DDR damals. Dabei ist der Leipziger nicht der Erste, der dieses Thema akustisch in den Bann zieht – bereits 2016 hat die Band ASP im Doppelalbum „Verfallen“ eine fiktive Story über das Leipziger Hotel am Hauptbahnhof erzählt. Fragile und sehr feinfühlige Interpretation
Auffällig ist der Aspekt, das Astoria viele Epochen der Zeit in den Klangstrukturen widerspiegelt. Der Leipziger Komponist bedient sich daher aus verschiedenen Musikgenres, verwebt diese zu einem homogenen Klanggefüge. Nicht selten gefiltert durch retrospektive Nuancen, die dem Hörer einige Wellen an Nostalgie bescheren. In Zusammenarbeit mit der Schmalkalden Philharmonie und professionellen Gastmusikern und Sprechern erstrahlen Klangsterne zwischen moderner Klassik, dem Alternativen und Indie-Pop. Dabei sind neben den orchestralen Arrangements das Klavier und die Elektronik die tragenden Säulen. Die emotionale Breite stellt sich als sehr dynamisch dar, melancholische Ebenen werden mit fragilen und sehr feinfühliger Interpretation ausgedrückt. Doch auch bedrückende und euphorische Momente wird man auf Astoria finden. In vielen Stücken kristallisiert sich daher das hohe Musikverständnis und diese gewisse Bindung zu der Musik von Jochen Tiberius Koch heraus. Eine knappe Stunde verfolgt man gespannt vom Prolog bis zum Epilog eine akustische Geschichtsreise, ist fasziniert von der marginalen Synth-Untermalung in Kombination aus Stimme, Klang und cineastischen Klanglandschaften, die in einigen Titeln einem in den Bann ziehen. Paradebeispiele wäre da die klassisch angehauchten Stücke „Sunrising“ oder „Lost Place“. Die sanfte Ballade „The Ballare“ mit dem extrovertierten und gefühlvollen Klavierspiel ist eine zeitlose Musikperle, dank nostalgischen Flair, der einem warm wie ein Schleier eindeckt. Ebenso der Nachfolger „The Lobby Boys“, der eine ganz spezielle Klangästhetik beinhaltet. Die dunkle Zeit wird mit „33/45“ sehr kreativ eingefangen, düstere Lyrics im poetischen Bogen. „Niemand braucht die braunen Geister mehr. Nie mehr“ - dem ist nichts hinzuzufügen. Als Fazit kann man festhalten, das Astoria den eingeschlagenen Weg seit Walden fortsetzt und mit musikalischen Facetten weiter ausbaut. Jochen Tiberius Koch setzt mit dem zweiten Album bereits früh im Jahr ein Zeichen. Astoria beinhaltet viel von der eigenen Seele des Komponisten, die er gerne mit dem Hörer teilen mag. Doch das ist man vom Leipziger gewohnt, was ihn auch zu einem sympathischen Menschen macht. Veröffentlicht wird Astoria über Schole Records am 17. Januar 2020 und bildet als Gesamtwerk auch die erste Empfehlung für das neue Jahr von Gezeitenstrom Musikmagazin. Links zu Jochen Tiberius Koch:
Astoria Songliste / Dauer:
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