„Bewegter Post-Rock aus Köln mit kurzer Lunte“, diese Aussage stammt von der jungen Formation mit dem Namen VON MISES aus der Domstadt Köln. Im Herbst 2019 veröffentlichte das Trio ihre selbst betitelte Debüt-EP und auch 2020 wird die Band sicherlich weiter von sich hören machen. Auch wenn die Band noch eine gewisse Findungsphase durchmacht, lässt der eingeschlagene Weg schon Potenzial erahnen. In einem Porträt stellen wir die Kölner Jungs etwas näher vor.
Gründung und Besetzung
Mike, Gunther & Jens sind das Trio VON MISES aus Köln.
Die aktuelle Besetzung der Band besteht aus Mike am Bass und Synthesizer, Gunther am Schlagzeug und Jens an der Gitarre. Die Wurzeln und der akustische Wertegang aller Drei finden sich in diversen anderen Bands, die sie jahrelang begleiteten. So stammen Jens und Mike aus einer Formation, die eher dem Indie-Rock zuzuordnen war. 10 Jahre lang sammelten die beiden hier Erfahrungen. Gunther trommelte früher in einer Deutschpunk-Band.
Mike erinnert sich: „Nach Auflösung der alten Band, wollte ich mich gerne musikalisch weiterentwickeln. Die genaue Musikrichtung war mir dabei gar nicht so wichtig. Sie sollte in musikalischer Hinsicht, experimentell und Platz für Synths und sonstige Instrumente lassen. Da ist man genrebekannt schnell beim Post-Rock. Gunther haben wir dann relativ schnell über Aushänge kennen und schätzen gelernt.“
Dass man im Genre des Post-Rocks ein Zuhause gefunden hat, liegt an den Vorbildern und Lieblingsbands des Trios. Darunter fallen Größen wie RussianCircles, Maybeshewill oder This will destroyyou. Aber auch Musiker wie NelsCline, Alan Sparhawk (Low) oder ein Tom Morello (RATM) haben es vor allem Gitarrist Jens angetan.
VON MISES wurde daraufhin gegründet, es war die Herausforderung, etwas musikalisch ohne Texte zu vollenden und neue Wege zu beschreiten. Eine bewusste Entscheidung zu Beginn war, Bass- und Gitarre tiefer zu stimmen und auch wenn man nur zu Dritt ist, den Synthesizer mit zu integrieren. So entstand die selbst betitelte EP, welche Ende November 2019 das Licht der Welt erblickte. Darauf vereinen die drei doch recht kraftvollen Post-Rock mit den angestrebten, elektronischen Nuancen. Dass die Band dabei progressive Facetten in den Klangstrukturen integrieren, fällt schon nach den ersten Riffs auf der EP auf. Vor allem das Stück „Universe“ beinhaltet eine recht expressionistische Interpretation des Rock-Bereiches. Das kommt auch beim Zuhörer und den Fans gut an, denn die Resonanz auf die EP war größtenteils sehr positiv. Die Drei haben sich viele Gedanken gemacht, welche Titel auf der EP ihren Platz finden. Schließlich wollte man, dass eine gewisse Bandbreite gezeigt wird und auch die Symbiose von Riffs, Melodien und Synth-Sounds zur Geltung kommt. Das haben sie definitiv auch geschafft. Die erste Aufnahme ist natürlich ein Highlight für das Trio gewesen und sie haben dabei viel für die Zukunft gelernt.
Das Gefühl auf der Bühne zu stehen
Die Debüt EP erschien am 22. November 2019.
Der nächste logische Schritt wäre natürlich ein Album, an das die Formation bereits begonnen hat. Man hat schon einige Stücke zusammen, doch aktuell fokussiert man sich darauf, die Songs live auf die Bühne zu bringen. Aktuell sind die Drei mit der Optimierung des live Sets (Ableton/Licht/etc.) beschäftigt. Für ein Album brauche man etwas Ruhe, um der Kreativität ihren Raum zu lassen. Strategisch planen sie mit dem Beginn für ein Album am Ende 2020. Dabei gehen sie in Sachen Songwriting den traditionellen Weg, wie viele ihre Kollegen: Zunächst entsteht eine Grundidee, die einer mit zur Probe nimmt. Darauf baut dann alles auf, ohne zu zuerst zu wissen, wohin die Reise genau geht. Man überrascht sich da gerne selbst. Bei dem Titel „dxdt“ war es zuerst die Gitarre als Grundgerüst. “Universe“ entstand am Anfang auf einer Klavieridee, wo die Band das Thema und Arrangements öfters geändert hat. Was die Arbeit erleichtert, ist das Mitschneiden der Proben. Die Drei nehmen alles auf und hören es zu Hause wieder an, Schreiben am Rechner weiter, tauschen sich zur nächsten Probe aus und fügen am Ende zusammen. Die Songtitel kommen erst ganz zum Schluss.
Vor allem auf der Bühne ist für die Drei aus Köln ein unbeschreibliches Gefühl. Man schleift zwar noch am perfekten Live-Sound, dass die Synth-Passagen auch richtig zur Geltung kommen. Aber live zu spielen bedeutet genau das Gefühl zu vermitteln, welches beim Hören der Songs entsteht. Es bedeutet die Bestätigung der musikalischen Arbeit. Schließlich will man gehört und gesehen werden. Der Tenor der Drei ist da gleich – vor Publikum zu stehen und zu spielen ist der ausschlaggebende Punkt, warum man überhaupt Musik macht. Proben und Platten produzieren sind für die Kölner nicht das Ziel, sondern der Weg. Neben den eigentlichen Konzerten und der Möglichkeit, die Produkte seiner Arbeit zu zeigen, sind für Jens beispielsweise die interessanten Menschen und Begegnungen auf Tour eine wichtige Erfahrung.
Kreativität und die typischen Probleme
Doch wo nimmt VON MISES die Kreativität und Inspiration her, wenn es darum geht, Musik zu erschaffen? Gitarrist Jens nennt da ein Beispiel: „Wenn man schon länger Musik macht, habe ich das Ding als Gitarrist in bestimmten Momenten plötzlich eine Melodie im Kopf zu haben. Es kommt völlig unerwartet. Meistens sind es die ruhigen Momente, aber z. B. auch auf dem Weg zur Arbeit. Ich summe es dann schnell aufs Diktiergerät ins Handy und höre es mir später an. Natürlich spielen Hörgewohnheiten auch eine Rolle, aber irgendwann vergleicht man nicht ständig alles mit seinem Referenzkatalog im Kopf. Man stellt sich nicht mehr die Frage, ob es das schon gab.“
Auch wenn man jahrelange Erfahrung im musikalischen Bereich ansammeln konnte, so stehen für eine junge Formation wie VON MISES gerade am Anfang gewisse Probleme an. Die allgemeine Musiklandschaft in Deutschland sieht die Band eher kritisch. Der Trend geht ihrer Meinung nach hin zum Großevent. Kleine Konzerte werden wenig besucht und Eintritte nur murrend bezahlt, obgleich an der nächsten Ecke ein Techno-DJ ab 10 Euro Eintritt nimmt und zu den großen Konzerten im Gloria oder der Laxness-Arena (Köln) tausende Leute strömen. Zum Glück stehen dem die vielen Leute entgegen, die sich in Konzertgruppen jeder Stadt organisieren und entfernt vom Verwertungsprinzip der Musikindustrie die Kultur fördern. Aber auch teilweise Bandcontest ́s die mit öffentlichen Geldern gefördert werden und größere Halle bespielen, sind ein positiver Ansatz für die drei Kölner.
Rauf auf die Bühnen und sich weiterentwickeln: Live, Soundtechnisch und auch beim Songwriting, das sind Ziele für die Zukunft VON MISES. Natürlich auch das allererste Album, welches vielleicht Ende 2020 am Start stehen könnte, steht auf der Agenda für die Zukunft, ebenso wie sich weiter vernetzen. Angemerkt sei noch, die aktuelle EP kann auf Bandcamp unter der Rubrik „paywhat u want“ heruntergeladen werden.