In einem Porträt vorstellen möchten wir den Thüringer André Neumann und sein Musikprojekt „nthirteen“. Vor einigen Tagen gab es mit „Sunrise“ ein neues Album, quasi das eigentliche Debütalbum, angesiedelt im elektronischen Ambient mit Post-Rock Nuancen. Ein wichtiger Aspekt in den Kompositionen nimmt die Improvisation bei ihm ein. Vergänglich und zerbrechlich, darum immer eine Herausforderung für den Erfurter Musiker. Ein bodenständiger und sympathischer Mensch, der schon viel erlebt hat.
Die musikalischen Anfänge
André Neumann aus Erfurt.
Die musikalische Laufbahn von André begann als Teenager mit dem Erlernen der Gitarre. Seine erste richtige Band hieß DregsofSociety, eine Grind-Core Formation. André war das mit Abstand jüngste Bandmitglied, er sammelte in dieser Zeit viel Erfahrungen an, was es bedeutet, in einer Band zu spielen. Proben, Songwriting und Aufnahmeprozesse, nur um einige Aspekte zu nennen. Danach war er viel mit seiner Emo/Postpunkband „FromUs“ unterwegs und schließlich in den letzten Jahren mit der Post-Rock Band „Kopf hoch“ aktiv, bei dem der atmosphärische Gitarrenpart immer mehr Einzug hielt.
Leider gingen alle Bands aus den üblichen Gründen zum jeweiligen eigentlichen Höhepunkt auseinander. Und so begann André allein in einer kleinen Ecke im Heimstudio kleine Jams aufzunehmen. Am Anfang war das eigentlich als Live Songwriting Radioshow bei Radio F.R.E.I. in Erfurt gedacht. Die Idee: In 60 Minuten einen Song entstehen lassen und alle können an der Nummer teilnehmen. Das wurde auch auf Videoplattformen hochgeladen, die Clips erlangten schnell Popularität. Daraus entstand dann sein erstes Album mit diesen 13 Jamsessions. Da 13 seine Glückszahl ist und sein Nachname mit „N“ beginnt, war das eigentliche Projekt geboren: nthirteen. Ab 2016 spielt André Neumann auch live mit wechselndem Setup.
Sunrise, das aktuelle Album
Sunrise, das aktuelle Werk.
Das Debütalbum „Sunrise“ erschien Anfang Februar 2019 und vereint elektronische Klangbögen mit emotionalem Hintergrund. Die Musik ist dynamisch und leicht verträumt, manchmal aufwühlend, mit leicht lakonischer Melancholie durchzogen. André Neumann es mit seinen Kompositionen, sphärische Augenblicke einzufangen, die sehr bedächtig und ausgeglichen zum Reflektieren einladen. Von elektronischen Kollagen, über alternative Gegebenheiten im Post-Rock, bis hin zu neoklassischen Tangenten ist das Spektrum weit gefächert. Vor allem das Stück "silent night" bewegt sich auf ein beeindruckendes Niveau.
André meint dazu:“Sunrise ist mein erstes richtiges Album, das quasi das Licht der Welt erblickt. Ein Titel darauf heißt auch Sunrise, da ich die Melodie im Auto vor mich hingesummt habe, als die Sonne gerade aufging, sie auf mein Handy aufgenommen habe und zu Hause reproduzieren konnte. Das Album entstand aus den letzten Improvisationen im Januar, dem #jamuary2019.“ Das ist eine kleine Hashtag Bewegung der online Community. Ziel war es im Januar jeden Tag zumindest eine Sache aufzunehmen und zu Spielen. Alle Songs auf dem Album sind live Improvisationen, ohne Computer oder Nachbearbeitung - direkt auch mit der Kamera aufgenommen. Auf YouTube kann man alle Stücke Live und in Atmosphäre bestaunen.
Die Kunst der Improvisation
Inspiration zum Komponieren holt sich der Erfurter auf verschiedenen Arten. Ein Geräusch, sein privates und berufliches Umfeld oder eine Nachricht im Radio. Musik hört der Thüringer leider viel zu selten, ebenso sieht es mit Büchern oder Filmen aus. Sonst inspirieren ihn seine Instrumente und deren Zusammenspiel. Ein Ton zu erschaffen, den es so vorher vielleicht noch nicht gab, ist da sein Ansporn und Nervenkitzel zugleich. Doch wenn er alle Geräte abschaltet, ist oft meist alles weg. Das vergängliche hat es ihn angetan. Trotzdem, da André viel mit analogen, semimodularen Synthesizern arbeitet, die keine Presets haben, schneidet er fast alles auf Video mit, um es zumindest irgendwie zu konservieren und vor allem auch zu teilen.
André dazu: „Ich liebe die Improvisation, das unperfekte und transitorische daran. Wenn sie vorbei ist, ist sie weg. Vergänglich, zerbrechlich und unerwartet schief oder schön. Jedes Mal anders und unvorhersehbar. Das ist die Herausforderung. Manchmal zweifle ich daran, ob ich das wirklich live machen sollte, da ich dazu eigentlich Musiktheoretisch oder instrumental viel zu schlecht bin, aber dann sage ich mir, hey warum nicht. Das Scheitern beim Improvisieren gehört dazu und Unfälle auch. Vielleicht ist das gerade der Reiz dabei, warum sich das Leute überhaupt anschauen sollten.“
Die Herausforderung, live zu Spielen
Live in seinem Element: André Neumann.
Auch wenn Thüringen für André die Heimat ist, so ist die musikalische Szene trotzdem recht überschaubar. Vor allem, live zu spielen stellt eine große Herausforderung für den Musiker dar. Laut seiner Meinung ist das jedoch kein regionales Problem, sondern ein Generations-bedingtes. Thüringen hat aber durchaus spannende Acts seiner Meinung nach, wie mit Martin Kohlstedt, Sojus3000, phaebel, I fall in Neon. Handmade und Radio F.R.E.I. in Erfurt, das finde er auch toll.
Die Zukunft von André Neumann ist auch schon in gewisser Weise vorprogrammiert. Er will natürlich weiter Musik machen und besser werden und dazu lernen, seine Instrumentenkaufsucht unter Kontrolle bekommen, seine Kunst immer weiter teilen und mit neuen Leuten zusammen arbeiten. Das Cover für sein Album „Sunrise“ hat Rob Wegner aus Schweden gemacht. Oder die Grafik für seine Shirts kommen von Krajamine aus Erfurt, die Videos von Robert von Blackscreenfilm. Das sind alle tolle Künstler und so eine Zusammenarbeit ist da einfach unfassbar schön für den Erfurter Musiker André Neumann.
Gezeitenstrom Musikmagazin wünscht André Neumann alles Gute für die Zukunft. Sein letztes Album "Sunrise" kann aktuell unter der Rubrik "name your price" auf Bandcamp heruntergeladen werden.