Filmscore mit zeitlosen Aspekten.
Mit dem Debütalbum „Orbit“ erschien 2018 auf der Bildfläche ein junger und begabter Ausnahmekünstler, bei dem die Karriere quasi schon vorgezeichnet ist. Der Isländer Snorri Hallgrímsson veröffentlicht diese Tage sein neues Album mit Musikstücken, die in der gleichnamigen Dokumentation „Chasing the Present“ zu finden sind. Dass moderne Klassik immer mehr Einzug in die visuelle Kunst hält, ist ein logischer Schritt. Denn selten ist eine Musikgattung so prädestiniert, Emotionen und Empfindungen auf der akustischen Ebene auszudrücken. Doch selbst für sich genommen ist die Musik auf dem Album ein Hörerlebnis, ein Stück Geschichte im Mantel der zeitlosen Kunst.
Snorri Hallgrímsson ist Komponist und Produzent aus der Hauptstadt Reykjavík. Er begann als klassischer Gitarrist und verliebte sich als Teenager in Filmmusik, was ihn veranlasste, seine eigene Musik zu schreiben. Mit Orbit gelang ihn ein Debüt, welches auf dieser Seite 2018 als Referenz der modernen Klassik geehrt wurde. Talent und Expressionismus ist natürlich nicht alles, um eines Tages ganz Oben zu stehen. Komponisten und Musiker aus Island sind untereinander gut vernetzt und äußerst hilfsbereit. Das Verständnis für klassische Musik ist dank langjähriger musikalischer Assistenz des Komponisten Ólafur Arnalds exorbitant angewachsen, noch heute unterstützen sich Beide gegenseitig, auch auf dem neuen Album ist das der Fall. Mit dem Score zu Chasing the Present hat Snorri Hallgrímsson sich einen Traum erfüllt, seine eigene Musik zu einem Film zu erschaffen. Es deutet sich an, dass der Komponist fest in die Fußstapfen seines verstorbenen Landsmannes Jóhann Jóhannsson eines Tages wandelt.
10 Titel stellen eine Liebeserklärung an den Hörer
Chasing the Present ist ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2019 von Mark Waters mit Marina Abramovic. Die Story: Ein materiell erfolgreicher junger Mann voller Angst beginnt eine Reise der Selbstforschung. Er untersucht, warum eine Person, die scheinbar alles hat, immer noch unter Panikattacken leiden kann. Auf einer weltweiten Reise von den Straßen New Yorks und tief in den Dschungel Perus entdeckt er unerwartet tiefe Wahrheiten darüber, wer und was er ist. Der Film behandelt Themen wie Depressionen und Angstzustände, das ist keine leichte Aufgabe für einen Komponisten, den passenden, akustischen Rahmen zu finden. Instrumentalisiert ist die Musik von sanften Klavierbögen, feinfühliger Elektronik und dezenten Streich-Arrangements von Cello und Violine. Emotionale Klanglandschaften kreieren eine entspannte Atmosphäre, deren Seele ein melancholisches Klanggerüst bildet. Generell ist die Stimmung sehr fragil und sensibel aufgestellt, meditative Strukturen von Synthesizer bringen den Hörer in andere Dimensionen aus Traum und Einklang. Selbst wenn Snorri Hallgrímsson sich nur auf das Klavier reduziert, entspringt eine geballte Atmosphäre voller Feinfühligkeit und Intimität, die tief in die Herzen sich bohrt. „Lacuna“ ist so ein typisches Beispiel an grenzenloser Tiefgründigkeit im lyrischen Mantel. Wenn im Anschluss „Suffering“ einsetzt, wird man unverzüglich mit Schüben an Gänsehaut konfrontiert, als würde hier die pure Essenz der Melancholie in Musikform ausgedrückt, deren Fortsetzung sich noch einmal im Titel „Bliss“ manifestiert. Hier werden ebenfalls die tragenden Säulen aus der klassischen Musik mit modernen Ansätzen zu einem äußerst homogenen Gefüge vereint. Im Gesamtkonzept ist das Album sehr ruhig und mit leisen Tönen ausstaffiert, über allen schwebt eine gewisse Harmonie, die vom ersten bis zum letzten Ton die Gemütsverfassung immer auf ein verträumtes Niveau hält. 10 Titel stellen eine Liebeserklärung an den Hörer, die man auch sofort einzugehen vermag. Müsste man Chasing the Present mit einem Wort nur definieren, dann wäre es der Begriff „Klangästhetik“. Mit dem Filmscore zu Chasing the Present setzt Snorri Hallgrímsson einen weiteren Grundstein, demnächst wie seine Landsleute, auf dem internationalen Parkett eine fest, etablierte Größe zu werden. Neoklassisches Ambient von seiner schönsten Seite ist das neue Album vom Isländer geworden. Und das Genre kann man hier auch wörtlich nehmen. Moderne Nuancen treffen auf klassische Musik, um in atmosphärischen Klanglandschaften als einheitliches Gefüge voller Gefühl und Akustik zu verschmelzen. Daher kann man als Fazit ziehen, Snorri Hallgrímsson verbindet mit seiner Musik viele Ebenen an Gefühl und Verständnis, wenn es um darum geht, Musik als engsten Vertrauten zu sehen. Es erscheint am 13. 03. 2020 über Moderna Records. Es erhält außerdem vom Magazin eine klare Empfehlung. Links zu Snorri Hallgrímsson:
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