Ein wahres Juwel im Genre.
Das Jahr 2018 neigt sich langsam dem Ende entgehen, wie eine Kerze in den letzten Atemzügen. Pulsierend, als hätten wir sie eben erst entfacht. Ein Abschiedsgeschenk für das herausragende Jahr in der modernen Klassik trägt der Berliner Komponist Rubin Henkel mit seinem Debütalbum „Ruhe“ bei. Der deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient hat, denn seine Klaviersonaten reichen tief in die eigene Seele, mit intimer, romantischer Inszenierung. Man redet ja immer gerne von aufsteigenden Sternen am Himmel der modernen Klassik, Rubin Henkel zählt in jedem Fall dazu. Es ist doch immer wieder erstaunlich, welche ambitionierten Musiker Schritt für Schritt aus dem Schatten treten.
Rubin Henkel ist Pianist, teils mit kanadischen Wurzeln. Neben seiner Solokarriere komponiert der junge Musiker Stücke für Filme und Medien. Er wuchs in einer Künstlerfamilie auf, sein Vater war Maler und Fotograf. Der musikalische Weg ist klassisch, mit jungen Jahren fing er an, Klavier zu spielen. Hier entdeckte er auch die Leidenschaft für Musik und Komposition. Früh am Morgen am Klavier zu sitzen und den Sonnenaufgang akustisch zu begrüßen, war keine Seltenheit. Im Gegenteil, es formte den Charakter seiner Stücke. Frahm'sche Melancholie, fragil und mit einer romantischen Ader ausgestattet. Diese Fragmente von Herz und Seele finden sich sehr deutlich in seinem Debütalbum auch wieder.
Augenblicke, voller Gefühl und SehnsuchtAuch wenn Ruhe aus den Anfangsbuchstaben seines Namens zusammengesetzt ist, so ist das deutsche Wort für Stille doch sinnbildlich für das Debütalbum vom Berliner Komponisten. Frei nach Nietzsche: „Die größten Ereignisse — das sind nicht unsre lautesten, sondern unsere stillsten Stunden.“ Das Album unterstreicht mit seinen ruhigen und fragilen Stücken diesen Aspekt auf doppelter Weise. Sinnliche Augenblicke, voller Gefühl und Sehnsucht, emotional vorgetragen hauptsächlich mit dem Klavier als Leitinstrument. Dank komplexer Agogik, Dynamik und kleineren Tempoverschiebungen sind die Klangstrukturen harmonisch und eingängig komponiert. Es sind Sequenzen, die mit minimalen Mitteln ohne Mühe es schaffen, tief in das eigene Herz vorzudringen. Durch das Album zieht sich wie so oft ein bittersüßer romantisch-melancholischer Faden, der einem so richtig unter die Haut geht. In einigen Stücken gesellen sich Streichinstrumente, wie die Violine hinzu, um den Hörer so richtig den Boden unter den Füßen wegzuziehen mit lakonischer Ästhetik. Das Spiel auf dem Klavier ist sehr gefühlsbetont, die Liebesbeziehung von Künstler und Instrument schwingt in jeder Note mit. Es ist ein wahres Hörvergnügen, mit viel Empathie und Besinnlichkeit der Berliner sanft über die Tasten am Klavier streicht. Die Stücke sind wie angesprochen Klaviersonaten mit Herz und Tiefe, insgesamt zehn Stücke voller Wärme und fragiler Emotion warten nur darauf, entdeckt zu werden. Ein wahrer "Rubin" in der modernen KlassikDaher ist das Debüt „Ruhe“ als Gesamtwerk anzusehen, wo man keinen Titel extra in das Licht rücken muss. Dennoch muss man einige Titel erwähnen, denn diese fallen in die Kategorie zeitlose, pianistische Kunst, die in 100 Jahren ihren Glanz nicht einbüßen werden. Vor allem in Kombination mit der Violine als akustischer Rahmen fallen da sehr in das Gewicht, wie „Wicklow Mountains“ oder „Brendan's Voyage“, die einem das ausgeprägte Musikverständnis eines Rubin Henkel sehr beeindruckt näherbringen. Aber auch Titel wie das grazile und anmutige „Open Window 3am“ bestätigen den Verdacht, das die musikalische Seele vom Berliner durch und durch mit Romantik behaftet ist. Was bleibt, sind Augenblicke voller Gefühl und Wehmut. Das Debütalbum Ruhe erscheint wie aus dem Nichts mit einer ungeheuren Strahlkraft und stellt eine ernsthafte Konkurrenz dar, zu namhaften, internationalen Größen. Für ein Erstlingswerk keine Normalität. Auch wenn es hier im Musikbereich so etwas wie "Konkurrenz" nicht gibt. Man ist immer froh, wenn neue Musiker das Licht der Bühne betreten mit solchen Perlen. "Ruhe" darf man als klassische Klavierkunst auffassen, makellos und voller Schönheit. In unserer rastlosen Welt ist es exakt diese Musik, die man braucht, um sich zu besinnen und sich zu sammeln. Es erhält von uns definitiv eine Empfehlung und dürfte demnächst als Highlight 2018 sicher erneut auftauchen. Ein wahrer "Rubin" in der modernen Klassik! Links zu Rubin Henkel:Ruhe - Songliste & Dauer:
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