Gitarrenklänge zum Verlieben.
Komponisten suchen immer einen Weg, ihr Musikverständnis permanent zu erweitern. Neue Aspekte in die Musik zu bringen, andere Ansätze verfolgen oder der Ausflug in andere Musikbereiche, der passend zu der eigenen Seele die Gefühle zum Ausdruck bringt. Der Name Martyn Heyne dürfte vielen Musikfreunden ein Begriff sein, neben der Arbeit als Produzent ist er auch ein sehr talentierter Gitarrist, der hin und wieder Musikwerke veröffentlicht. Wie diesem Freitag, mit „Open Lines“ gibt es ein neues Album zu entdecken, bei dem der experimentelle Grad mit progressiven Zügen verwebt wurde. Oder anders ausgedrückt: sehr facettenreich.
Der in Hamburg geborene Komponist Martyn Heyne wurde klassisch an der Musikakademie von Amsterdam ausgebildet. Seine Konzerte und Aufnahmen haben ihm den Ruf einer einzigartigen Herangehensweise an die Gitarre eingebracht. Erstand schon mit diversen Größen weltweit auf der Bühne, recht oft als Live-Mitglied der dänischen Band Efterklang. Seine neue Heimat ist Berlin, wo er das namhafte Lichte Studio aufbaute, ein renommiertes Musikstudio vor allem für klassische Musikbereiche. Sein Album „Electric Intervals“ aus dem Jahre 2017 wurde von Kritikern und Presse gleichermaßen gelobt und gefeiert. Letztes Jahr war Heyne zusammen mit Ben Lukas Boysen am Thesis-Projekt beteiligt mit der Nummer 16. Der Nachfolger Thesis-17 kann man auf Gezeitenstrom Musikmagazin finden.
Viel Atmosphäre und Landschaften aus Gefühl und Zeitlosigkeit
Kommen wir nun zum neuen Album „Open Lines“, welches sehr vielschichtig agiert und mit seiner ausgewogenen Mischung recht viele Musikbereiche durchquert. Diese reichen von klassischen Strukturen, über progressive Anleihen, dem Ambient, selbst marginale Noir-Züge sind auf dem Album zu finden. Was der Mann an der Gitarre vollbringt, kann man nicht in Worte fassen. Daher ist die Gitarre eher ein Ausdruck von Gefühlen immersiver Landschaften und einem Herzen, welches für die Musik schlägt. Als akustischer Rahmen werden diverse Instrumente in die Klangfarben integriert, wie beispielsweise das Cello, gespielt von Anne Müller. Ebenfalls bauen Arrangements vom Synthesizer und eine große Rolle in den Klangkathedralen, die oft mit einem Hauch an romantisierender Melancholie gespickt sind. Frei von äußeren Bedeutungen, agieren die Stücke auf ihre eigene tief implizite, wortlose Bedeutung. Sehr feinfühlig und gefühlsbetont sind die Kompositionen, die cineastische Gitarrenklänge sind nach wie vor die tragende Säule in den Klangmustern. Sanft und fragil ummantelt mit der elektronischen Raffinesse. Es gibt auf dem Album 1–2 Stücke, die jeden Berliner Disco-Gänger das Herz höher schlagen lassen, wie zum Beispiel „That Which Flickers“. Hier wurde der elektronische Grad immens hervorgehoben. Doch der allgemeine Tenor auf „Open Lines“ sind die traditionellen Wurzeln an der Gitarre in verschiedenen Variationen. Sehr tief in die Seele reicht „Neuwerk“, ein traumhafter und ambitionierter Song mit einer zeitlosen Komponente. Er berührt, wie das Tanzen der Schmetterlinge an einem Sommertag, die mit ihrer Leichtigkeit fast schwerelos zwischen das hohe Gras umherschwirren. Man fühlt sich sofort zurückerinnert an die warmen Tage. Nostalgie kommt da auch beim Stück „As Mad as Man“ auf, dynamisch geformt und mit leichter Melancholie beseelt. „Night Pylon“ hat ein leichtes Gespür an Film-Noir an sich, während die klassische Version von „The Hall Reprise“ einem aufzeigt, wie moderne Klassik mit der Gitarre auf eine einzigartige Weise interpretiert werden kann. Insgesamt beinhaltet „Open Lines“ 8 doch recht unterschiedliche Titel die mit einer Gesamtspielzeit von rund 37 Minuten doch recht üppig ausfällt. Man muss eigentlich kein Fazit ziehen, denn „Open Lines“ hat so viele Augenblicke und Momente zu bieten, wo man sich voll und ganz zu diesen traumhaften Klängen fallen lassen kann. Viel Atmosphäre und Landschaften aus Gefühl und Zeitlosigkeit. Sehr lohnenswert und der passende Soundtrack für Stunden der Zweisamkeit, nicht nur abends beim Tanz der Kerzenlichter. Es zeigt darüber hinaus, mit welchem Musikverständnis und Interpretationen der Genres ein Martyn Heyne ausgestattet ist. Allein der Titel „Neuwerk“ wird sicher zig mal in den Playern rotieren. Release ist am Freitag, dem 30. Oktober 2020. Links zu Martyn Heyne:
Open Lines - Songliste /Dauer:
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