7 Tage & 7 Stücke auf dem Una Corda.
Ein wenig gedulden muss man sich noch ein wenig, um in den Genuss von einer weiteren Sternstunde in der modernen Klassik zu kommen. Ende November erscheint das neue Album von Marie Awadis „Una Corda Diaries“, komponiert und gespielt auf dem einzigartigen Instrument Una Corda M189. Das Album verkörpert die reine Essenz an Klavierästhetik auf eine faszinierende Weise. Sieben Klaviersonaten mit einem Hauch an atemraubender Magie und kratzt an dem Aspekt der zeitlosen Musikkunst. Es ist ein Album, dass moderne Klassik auf eine Ebene hebt, wie es nur Musiker können, die ihr komplettes Herzblut in die Kompositionen einfließen lassen.
Im Vorfeld der Veröffentlichung gibt es ein ausführliches Interview mit Marie auf Gezeitenstrom Musikmagazin. Hier erfährt man etwas mehr über den Background der gebürtigen Armenierin, die seit vielen Jahren nun in Niedersachsen wohnt und als Klavierlehrerin arbeitet. Auch die Entstehungsgeschichte zum Album und der Hintergrund vom Una Corda und warum dieses Instrument eine Bildgewalt im akustischen Sinne ausstrahlt, wird hier erläutert. Das Album ist wie ein Tagebuch, in dem Marie Awadis ihre Gefühle und ihre Gedanken auf ein Notenblatt gebracht hat. Dabei führte nicht die Hand die Feder, sondern vor allem das Herz der Komponistin. Sieben Tage, in dem der Hörer in die Gefühlswelt der Komponistin eintaucht und sich seine eigene persönliche Geschichte im Kopf malen kann.
Ein sehr gefühlsbetontes Gerüst aus Melancholie und leichter Euphorie
Kommen wir zum Album, welches durchaus ein Meilenstein in der Karriere von Marie Awadis bildet. Musik zu erschaffen, die in die Welt der Gefühle eingreift, um diese so richtig aufzuwühlen, ist eine tragende Säule vom Album. Auf „Una Corda Diaries“ vereint die Pianistin gefühlsbetonte und sehr charmante Klaviersonaten mit der graziösen Klangfarbe am M189. Das Album ist daher auch so komponiert, dass es bis in die hinterste Ecke von Herz und Seele eindringen kann, was den sieben Stücken insgesamt auch mühelos gelingt. Das Tempo ist recht dynamisch, sehr expressionistisch dringen die Stücke in einer ausgesprochenen Ästhetik in das Ohr. Das emotionale Gesamtbild bildet ein sehr gefühlsbetontes Gerüst aus Melancholie und leichter Euphorie, der unter dem Tenor einer romantischen Note verwebt wird. Die Akzentverschiebung bedarf auch hier, wie bei so vielen Künstlern, ein besonderes Lob. Fragil, intim und teils beseelt erklingt das Album in seiner Gesamtheit, man merkt förmlich eine immersive Stimmung, die sich im Raum ausbreitet. Doch Musikverständnis ist nicht alles, um erfolgreich zu sein oder dem Hörer zu erreichen. Es bedarf oft einer feinfühligen und vielseitigen Seele, welche die Hellen und Dunklen Seiten des Lebens kennt und verarbeiten kann. Marie Awadis besitzt diese in jedem Fall, viele Facetten sind auf dem Album davon integriert und warten darauf, interpretiert werden. Ob freudige Erwartung oder ein leiser Abschied liegt ganz beim Zuhörer selbst. Vor allem das erste Stück „Day I“ ist ein Paradebeispiel und segelt in sehr vielen emotionalen Gewässern, mit überwältigender Sensibilität. Viele Stücke auf dem Album sind prädestiniert als akustischer Begleiter, wenn man an grauen Novembertagen die Regentropfen am Fenster zählt oder am Abend den Tanz der Kerzenlichter in romantischer Zweisamkeit beobachtet. Es ist wie der unbeschwerte Tanz der Schmetterlinge an einem Frühlingsmorgen oder der Klang der Schneeflocken, die sich am Boden zu einem Ozean an pianistische Kunst verbinden. Was zurückbleibt, sind Augenblicke voller Gefühl und Erinnerung. Hervorgerufen von diesem meisterlich arrangierten Klangwerk. Bei dem man sonst kein Stück einzeln weiter hervorheben möchte. Einzig und allein die Gesamtdauer vom Album ist ein marginaler Kritikpunkt, denn es ist recht kurz ausgefallen. Dafür gibt es eine Version auf Vinyl, was die ganze Sache wieder ausgleicht. Als Fazit kann man ziehen, „Una Corda Diaries“ ist pure Klavierkunst auf einem sehr hohen Niveau, mit dem Aspekt zeitloser Klassik. Zu überzeugen und zu bezaubern weiß das Album allerdings, dass Marie Awadis mit dem Una Corda bestens umzugehen vermag, versteht sich bei den ersten Klängen wie von selbst. Für Freunde der modernen Klassik darf man „Una Corda Diaries“ sehr an das Herz legen, ein kleines Juwel im Genre ist es geworden. Release ist der 28. November 2020. Links zu Marie Awadis:
Una Corda Diaries - Songliste / Dauer:
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