Im Porträt eine sehr ambitionierte Formation, die tatsächlich neue Impulse im Indie/Post-Bereich setzen könnte. Vor ein paar Tagen erschien das Debüt in Form einer EP von Homo Novus mit dem Titel „thesaurus“. Ein heterogenes Klanggefüge aus Post-Rock und Indie-Rock im atmosphärischen Rahmen.
Doch auch Gesang ist der Band nicht unbekannt, wie im Video zu Windmills zu lauschen wäre. Dabei haben sich die Jungs vorher erst ein paar mal gesehen und zusammen Musik gespielt. Trotzdem scheint eine exorbitante Harmonie zwischen den Mitgliedern vorzuherrschen. Vorhang auf für die Formation Homo Novus.
Homo Novus, basiend in der Stadt Kassel.
Die aktuelle Besetzung der Band besteht aus Tillmann Bross (Gitarre, Tasten, Sounddesign), Markus Uhlmann (Bass) aus Kassel, Jannik Trapp (Drums) aus der Nähe von Dillenburg und Federico Lonardi (Gitarre) aus Verona, der aktuell in Kassel heimisch ist.
Die Wurzeln der Band gehen auf Gründer Tillmann zurück: Der Musiker war im Sommer auf einem Festival für ein Solo-Gig als Singer/Songwriter gebucht, allerdings hat er vorher ein paar Demos in Richtung Indie/Postrock aufgenommen und an die anderen geschickt, um mehr in diesem Musikbereich zu arbeiten. Alle haben sich anhand der Demos ein paar Gedanken gemacht und sich am Tag des Konzerts tatsächlich ungeprobt zum ersten Mal im selben Raum befunden, da Tillmann alle unabhängig voneinander kannte.
Der Gig lief sehr gut, das Feedback war sehr positiv, also hat man in dieser Art einfach weiter gemacht. Tatsächlich haben die Vier bisher nur diesen Sommerauftritt 2018 und ein Release-Konzert zur aktuellen EP im Februar 2019 gespielt (bei dem sich die Jungs insgesamt zum fünften Mal gesehen haben) - aber die Chemie zwischen jeden Einzelnen schien sofort zu stimmen und das ist wohl auch beide Male aufs Publikum übergesprungen. Manche haben etwas gebraucht, spätestens ab der Hälfte des Sets sind alle warm geworden. Das war aber sicher auch zum Teil den Veranstaltungsformaten in Form von Festival und Doppelkonzert mit einer Indiefolk-Kapelle geschuldet.
Das Debüt in Form einer EP: "thesaurus"
thesaurus ist die Debüt EP der Band Homo Novus, basierend in Kassel.
Am 13. April 2019 erschien die Debüt EP, die sofort für einiges an Aufmerksamkeit in der Musikszene sorgte. Die Mischung aus sphärischen Post-Rock mit progressiven Indie-Facetten scheint die Herzen zu erobern. Teils mit leichter Melancholie durchdrängt, teils mit gefühlvollen Gitarrenbögen lassen Homo Novus die Klanglandschaften Erblühen. Die Idee der EP beziehungsweise auch des ersten Gigs war es, eine Momentaufnahme zu schaffen. Also quasi einen Schnappschuss dessen festzuhalten, was aus dem Nichts heraus entsteht. Daher gibt es nur grobe Ideen, die Tillmann herumschickt, auf denen schon manche Parts skizziert sind, aber keine Einzelheiten. Alle anderen denken sich ihren Teil dazu und die treffen sich einige Wochen später im Studio, bauen auf, besprechen kurz die grobe Form und drücken auf "Record". Was auf der EP zu hören ist, sind tatsächlich Augenblicke, die akustisch festgehalten wurden.
Weiter noch, so einen richtigen elaborierten Schreibprozess gibt es also gar nicht. bei der Band. Bei dem Stück "LindesnesFyr" zum Beispiel handelt es sich um eine Onetake am Klavier, den Tillmann irgendwann im Herbst 2018 aus einer spontanen Idee heraus aufgenommen, und später dann mit verschiedenen Hallschleifen und Hardware-Sounddesign-Spielereien aufgebohrt hat. Der Band war es teils egal, wie lang ein Track wird, es war egal, welche inhaltliche Kernaussage überspringen sollte. Es ging einfach nur darum, gemeinsam eine Stimmung zu erzeugen, und sich den Freiraum zu nehmen, um zu sehen, wie sich diese Stimmung entwickelt.
Tillmann dazu: Insofern war es auf diese Art fast befreiender, weil kein vorher bestehendes Konzept eingehalten werden musste, sondern der Moment im Fokus stand, in dem der Raum anfängt, zu kippen. Alles, was damit nichts zu tun hatte, haben wir weggelassen. Kein Gesang, keine Overdubs, kein Clicktrack - einfach nichts, was normalerweise Struktur und vielleicht auch Sicherheit schafft, aber auch irgendwie einengen könnte. Der Witz für uns war am Ende, dass das Wort Thesaurus ja für eine Art Wörterbuch sinn- oder sachverwandter Wörter steht. Es kommt aber kein einziges auf der Platte vor. Das fanden wir passend.“
Als Opener für ImmanuEl spielen zu dürfen, wäre ein großer Traum
Die Band ist gerade dabei aus den Schatten zu treten, wo sie vorher noch unter dem Radar agiert hat. Doch trotzdem hat sich schon ein gewisses Bild zur Musikszene in Deutschland gebildet, die auffällig ist. Ihrer Meinung nach gibt es in Deutschland dieses Stigma, dass englischsprachige Musik aus Deutschland hier nicht erfolgreich ist, und da ist (zumindest in den höchsten Ligen) wohl auch was dran, allerdings wird sich daran sicher auch nichts ändern, wenn sich jeder brav daran hält. Andererseits, sind sie absolut begeistert und überrascht, wie positiv Instrumentalmusik in deren Bekanntenkreis und auch darüber hinaus angenommen wird. Kassel ist grundsätzlich doch eher von der tanzbaren IndiePop-Fraktion und das können hier wirklich viele Künstler auch echt richtig gut. Umso überraschender, dass es vom gleichen Publikum auch so ein Interesse an der Band gibt.
Fragt man nach möglich angestrebten Ziele und Träume der Band so ist der Tenor gleich. Im Sommer ein paar Gigs live spielen ist schon fest eingeplant. Ebenso eine kleine Tour im Herbst. Kurz- bis mittelfristige Ziele sind einfach, viel zu spielen und Routine zu sammeln. Unterwegs sein, neue Leute kennenlernen, ihre Geschichten hören und mit tollen Menschen zusammenarbeiten. Als Opener für ImmanuEl spielen zu dürfen, wäre auf jeden Fall ein großer Traum. Die Schweden sind für die Formation definitiv eine große Inspiration.
Doch die Band hat noch eine Herzensangelegenheit, die sie gerne mitteilen möchte. Tillmann dazu: „Zu wissen, dass die Platte auf Youtube und Bandcamp schon so viele Leute erreicht hat, ist ein großartiges Gefühl. Wir freuen uns wie Kinder über die vielen lieben Kommentare und Rückmeldungen. Es zeigt uns, dass wir unser Ziel erreicht haben, einige für uns besondere Momente einzufangen und weiterzugeben, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen.“
Gezeitenstrom Musikmagazin wünsch Homo Novus alles Gute für die Zukunft und auch, dass sie mit ImmanuEl einmal die Bühne teilen wird.